Deutsch-Französische Konferenz in Erfurt – Zukunftsthema Digitalisierung

Digitalprofessor Key Pousttchi will Europa auf Augenhöhe bringen

„Begegnungen zwischen Wirtschaft und Bürgerschaft – Europäer heute und morgen?“ – unter diesem Titel startete am letzten Freitag in der Botschaft der Republik Frankreich in Berlin eine Deutsch-Französische Konferenzserie. Die zweite Veranstaltung der Reihe wird am 25. November in Erfurt mit einem Grußwort durch Staatssekretär Krückels aus der Thüringer Staatskanzlei eröffnet. Im Anschluss diskutieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Industrie, Diplomatie und Forschung in zwei großen Themenbereichen: „Steht wirtschaftliche Solidarität noch immer im Zentrum der europäischen Idee?“ und „Auf dem Weg zu einem neuen resilienten Modell für die Entwicklung von Produktionsaktivitäten“, unterstützt vom Deutsch-Französischen Wirtschaftskreis, dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum, verschiedenen Hochschulen, der IHK Thüringen und zahlreichen weiteren Partnern.

Initiator der Konferenz ist die Region Okzitanien. „Es ist uns ein Anliegen, insbesondere die Verbindung zwischen Ostdeutschland und Frankreich wieder zu stärken. Wir freuen uns sehr über das Engagement der Region Okzitanien“, so Dirk Schneemann, Vizepräsident des Deutsch-Französischen Wirtschaftskreises und einer der Organisatoren der Konferenz. Die Region entspricht in etwa einem Bundesland und umfasst die 13 südwestfranzösischen Departments von der Mittelmeerküste bis zu den Pyrenäen. Die Hauptstadt Toulouse beherbergt mit der Konzernzentrale von Airbus eines der Vorzeigeprojekte deutsch-französischer Kooperation und europäischer Souveränität.

Wie kommt Europa in der Digitalisierung wieder auf Augenhöhe?

Um Souveränität geht es auf der Konferenz auch beim Thema Digitalisierung. Wie Europa wieder auf Augenhöhe mit den großen Digitalkonzernen kommen kann, wird das Thema des renommierten Experten für Digitale Transformation, Prof. Dr. Key Pousttchi, sein: „Im Moment ist Europa in puncto Digitalisierung nur Spielfeld, aber kein Spieler mehr“, sagt Pousttchi, der seine Aktivitäten seit kurzem aus dem sachsen-anhaltinischen Naumburg aus vorantreibt.
Den großen Worten der EU kann er wenig abgewinnen: „Wir sind nicht gut beraten, wenn die dominierenden Anbieter der Digitalisierung wie Apple, Google, Facebook, Amazon aus den USA kommen, der Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz und die Rohstoffe aus China, und Europa sich dann lediglich als eine Art Verbraucherzentrale der Welt profilieren möchte“. Das erläutert Pousttchi folgendermaßen: Man stelle sich vor, die USA, China und die EU veranstalten eine Party. Die USA bringen die Getränke mit, China das Essen. Und die EU sagt: ‚Ich bringe die Regeln mit, was ihr auf der Party dürft und was nicht. Sonst nichts.‘ Einer von den dreien werde dann mit einem Tritt rausgeworfen, wer das wohl sei? Das Problem löse man nicht mit Regulierung, sondern zu allererst mit eigener Innovation. Dahinter erst komme Regulierung, die Teil des Spiels sein müsse.
Seine Forderung als überzeugter Europäer: „Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um Europa bei der Digitalisierung wieder auf Augenhöhe zu bringen!“ Die Achse Paris-Berlin müsse dabei wieder zum Motor Europas werden. Europa müsse verstehen, wie sich die Wertschöpfungsnetze durch die Digitalisierung veränderten, so Pousttchi. Europäische Souveränität gebe es seiner Ansicht nach nicht zum Nulltarif, aber es gehe nicht in erster Linie um Geld, sondern vor allem um den richtigen Ansatz. Und „europäisch“ bedeute in diesem Fall „kundenzentriert“, so Pousttchi. „Man kann diese Welt nämlich auch anders gestalten – nicht gegen die Menschen und ihre Daten, sondern mit ihnen.“

Die digitalisierte Gesellschaft neu denken – mit europäischen Werten

Prof. Pousttchi hat die Digitale Transformation über 20 Jahre an Universitäten ausführlich erforscht. In Naumburg betreibt er mittlerweile sein eigenes Forschungsinstitut, das wi-mobile Institut für Digitale Transformation. Das Institut setzt die Arbeit seines Lehrstuhls fort und bearbeitet auf neutraler wissenschaftlicher Grundlage technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen zur Digitalisierung. Neben der Digitalpolitik liegen ihm insbesondere Digitale Bildung und die Digitalisierung mittelständischer Unternehmen am Herzen.
Eins ist ihm dabei auch auf der Erfurter Konferenz besonders wichtig: „Die digitale Zukunft Europas darf nicht von Design-Entscheidungen von Apple, Google, Facebook und Amazon abhängig sein, sondern muss unseren europäischen Werten folgen“, erklärt Prof. Pousttchi. Heute hätten wir Betriebssysteme für Smartphones, morgen haben wir Betriebssysteme für die Innenstadt, die Wohnung und Gesundheitschips in unserem Körper – das könne man nicht einfach so passieren lassen. „Aber erst müssen wir etwas entgegensetzen können, dann können wir durch Regulierung absichern, dass es fairen Wettbewerb gibt.“ Angehen müsse man das ähnlich wie im Airbus-Beispiel. Die verschiedenen Player müssten zusammengebracht werden. Auf Basis strategischer Analyse der Wirkung der Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft – zu der Pousttchi zahlreiche Forschungsarbeiten vorgelegt hat – müsse man dann mit einem modernen Ansatz echtes Neuland betreten. Das sei kein Lifestyle-Projekt, wie man vielerorts glaube, sondern eine Ingenieuraufgabe. Airbus habe anfangs 20 Jahre Durststrecke gebraucht, viele hätten nicht an Augenhöhe geglaubt. Aber als man dann 1988 mit einem modernen Produkt auf dem Markt war, habe man gegenüber dem übermächtigen Konkurrenten aus den USA plötzlich sogar 20 Jahre technischen Vorsprung gehabt. So müsse man es machen – und so könne man es auch machen, nicht nur im wirtschaftlichen Bereich. „Wir müssen die digitalisierte Gesellschaft neu denken – und zwar mit unseren europäischen Werten“, lautet Prof. Pousttchi Credo: „Dann brauchen wir uns auch vor niemandem zu verstecken.“

Kontakt zur Konferenz:
Dirk Schneemann
Deutsch-Französischer Wirtschaftskreis
10963 Berlin
E-Mail: schneemann.dirk@gmail.com
Web: dfwk.eu

Kontakt zum Thema „Digitalisierung – Augenhöhe für Europa“:
Prof. Dr. Key Pousttchi
wi-mobile Institut für Digitale Transformation GmbH
Salzstr. 1
06618 Naumburg
E-Mail: info@wi-mobile.de
Web: wi-mobile.de

Mehr zum Programm der Konferenz: https://15francoallemandeoccitanie.fr/de/
Mehr zur Person Key Pousttchi: www.pousttchi.de

Das wi-mobile Institut für Digitale Transformation steht in der Tradition der Forschungsgruppe wi-mobile („wi“ für Wirtschaftsinformatik, „mobile“ für Mobile Business als das heute marktbeherrschende Prinzip). Dieser Thinktank wurde bereits 2001 von Professor Dr. Key Pousttchi an der Universität Augsburg gegründet. Sein Ansatz: Wirtschaftsinformatiker im Geiste von Ingenieuren ausbilden, mit ihnen gemeinsam Digitalisierung erforschen und dieses Wissen auch der Wirtschaft zur Verfügung stellen.

Kontakt
wi-mobile Institut für Digitale Transformation GmbH
Key Pousttchi
Salzstraße 1
06618 Naumburg
0921 75935 52
info@wi-mobile.de
http://www.wi-mobile.de

Bildquelle: Bild: momentesammler Patrick Reymann